Frauen 20.0 Teil 2

 

Was ist eine antrainierte Hilflosigkeit?

Das ist der Bereich, in den sich jemand begibt, indem er/sie eine versteckte Opferhaltung einnimmt.

 

Beispiel: Man kann ja nichts dafür, denn es trifft eh immer die, die schon am Boden sind.

 

Beispiel: Die anderen haben dieses oder jenes verschuldet und die sind auch dafür verantwortlich das wieder alles in Ordnung kommt. 

 

Beispiel aktuelles Thema unter Müttern gerade: Ich bin keine Lehrerin, ich sehe nicht ein, dass ich mein Kind zuhause unterrichten soll, und wenn ich das schon tun muss, dann will ich auch dafür bezahlt werden. Hier ist Teil 1 dieser Artikelserie möglicherweise hilfreich.

 

Beispiel aktuell bei manchen Müttern: Forderung nach Dienstfreistellung und weiterhin volle Gehaltsbezahlung vom Arbeitgeber, weil das Kind, trotz von den Schulen angebotenen Kinderbetreuungsmöglichkeit, lieber zuhause gelassen wird.

 

Man gibt anderen die Schuld, für persönliche Entscheidungen und/oder die eigene Überforderung, restriktive unbewusste antrainierte Hilflosigkeit. Die grundsätzlich nichts anderes skizziert als, dass man in einem gewissen Bereich entweder zu wenig Nervengerüst hat, zu viele Sorgen hat und dadurch überbelastet ist oder, einem schlichtweg das benötigte Fachwissen dazu fehlt. Was nicht unbedingt damit gleichgestellt sein muss, sich das benötigte Wissen, Geduld oder Nervenkostüm nicht antrainieren zu können.

 

Eine antrainierte Hilflosigkeit betreibt man nicht erst seit der Corona-Krise. Sondern bereits versteckt schon über ein sehr langes Zeitfenster. Der Mensch hat immer die Wahl in seinem Leben etwas zu verändern. So auch seine bisher gelebt antrainierte Hilflosigkeit in fundierte Kompetenz und Fachwissen umzuwandeln. Durch Aus-, und Weiterbildungen beispielsweise oder durch delegieren der verschiedenen Aufgabenbereiche zu Hause und gemeinsamer Lösungssuche zwischen beiden Partnern oder im Verwandten und Freundeskreis und, natürlich gemeinsam mit dem Kind. Ebenso für seine persönlichen Entscheidungen auch die Konsequenzen zu tragen, wie beispielsweise sein Kind nicht in die schulische Betreuung zu geben, sondern zuhause zu lassen obwohl man berufstätig ist.

 

Wie ist die antrainierte Hilfslosigkeit in der jetzigen Corona-Krise aus mentaler Sicht zu verstehen?

Aus mentaler Sicht ist das als ein Hilferuf der inneren Angstbewältigung zu verstehen.  Nicht jeder hat ein entsprechendes Nervenkostüm, um sofort professionell und voll durchkonzeptioniert auf eine derartige Krise zu reagieren. Hilfreich wäre ein Krisenmanagement innerhalb der Familie. Ähnlich wie wir es von Hilfsorganisationen kennen. Wer mit dieser Thematik allerdings weniger vertraut ist, für den ist es vielleicht hilfreich, statt Probleme, lieber Projekte zu sehen.

 

Das kann im konkreten Fall von Corona so aussehen, dass beispielsweise die Kinderbetreuung von berufstätigen Eltern, von den Betroffenen nicht als Problem bezeichnet und betrachtet wird. Sondern, schnappen sie sich Stift und Papier, in die Mitte schreiben sie gut leserlich „Kinderbetreuung“ und ziehen dann einen Kreis rund um das Wort. Anschließend überlegen sie wer könnte wie helfen, wie könnte diese Hilfe trotz Ausgangsbeschränkung funktionieren. Ziehen sie also vom Kreis weg eine Linie wie ein Ast bspw. und schreiben sie dann zum jeweiligen Ast alles was ihnen dazu einfällt auf.  Diese Form von Projektdarstellung zur Lösungsfindung, nennt man „Mindmap“. Sehen sie, und schon haben sie sich eine neue Fähigkeit angeeignet, so schnell geht das. Und, sie haben plötzlich statt einem Problem ein Projekt gemacht, auch das ging ganz schnell. Sollten sie diese Methode bisher noch nicht gekannt oder angewendet haben. In ihnen steckt also sehr viel mehr, als sie bisher angenommen haben.

 

Welche Lösungsimpulse fallen ihnen als Mentaltrainerin ein, die sie der Leserin mitgeben möchten?

Mir fallen da zum Beispiel ein, mit dem Kind zusammen eine Art Checkliste zu erstellen wie bspw. am Abend zuvor, den Wecker gemeinsam stellen (z. B. 8.30) dann 8.45 frühstücken (den Frühstückstisch hat Mama schon im Vorfeld gedeckt mit allem was benötigt wird, so dass das Kind weder Toaster, Mikrowelle noch Herdplatte einschalten muss, wenn es alleine isst, notfalls diese Geräte vom Strom nehmen).

 

Um 9.30 Zähneputzen gehen, Gesicht waschen, Haare bürsten. Um 10 Uhr mit den Hausaufgaben beginnen, mit dem Handy Fotos von den jeweiligen Checkpoints machen und der Mama / Papa schicken. Sie beantworten in der Pause diese oder zwischendurch, wenn es möglich ist, in den Pausen das Kind anrufen, es loben für da was es macht und kann. Um 12 Uhr Jausnen (Essen, das sie mit dem Kind gemeinsam am Tag zuvor zubereitet haben und mit Schildchen im Kühlschrank aufbewahren, kleben sie ruhig auch lustige Sticker drauf, malen sie hartgekochte Eier mit Edding lustige Gesichter oder Sprüche drauf, pfeifen sie darauf ob der Edding umweltfreundlich oder verträglich ist, der Corona Virus pfeifft auch darauf ob er Lebensbringend ist).

 

Um 13 Uhr 10 Seiten in einem vorher vereinbarten Buch lesen, das Kind führt dabei ein Lesetagebuch, in das es hineinschreibt von welcher Seite bis zu welcher Seite es liest und worum es da ging. Sich als Eltern nach der Arbeit erzählen lassen was das Kind gelesen und gemacht hat.

 

Auch die Möglichkeit einräumen, dass das Kind etwas basteln darf, wenn sie nicht zuhause sind. Auch auf die Gefahr hin, dass ihre Wände abends eine andere Farbe aufweisen als sie sie am morgen das letzte Mals gesehen haben.

 

Oder dass sie Koboldkotze (das ist selbstgemachter Slime aus Seife, Duschgel, grüner Lebensmittelfarbe und, den Rest der noch alles mitreingemischt wurde, von dem wollen sie nix wissen, glauben sie mir) auf ihrem Fussboden vorfinden. Das sind persönliche Erfahrungen 😊

 

Stellen sie ihren Fernseher so ein, dass ihr Kind nur die Sendungen anschauen kann, die für deren Alter geeignet sind. Und lassen sie das Kind auch mal fernsehen. In manchen Fällen schläft das Kind sogar ein beim Fernsehen. Lassen sie es gut sein. In der jetzigen Krise darf das auch mal sein.

 

Vereinbaren sie mit Freunden und Verwandten fixe Uhrzeiten wann wer das Kind anruft während ihrer Abwesenheit. Sorgen sie dafür, dass diese Personen auch wirklich die mit ihnen vereinbarten Anruftermine einhalten.

 

Wie nehmen Kinder aus mentaler Sicht eine solche Verantwortung wahr? 

Kinder sind sehr viel flexibler und verantwortungsbewusster als wir Erwachsenen oft meinen. Was sie allerdings brauchen ist, Liebe, Vertrauen, ein gewisses Maß an Freiraum / Selbstständigkeit, und Ehrlichkeit. Soll jetzt nicht heißen, dass sie ihrem Kind alle Corona-News unter die Nase reiben sollen. Aber, diese Checkliste und Lösungssuche im Rahmen des Alters des Kindes, entsprechend mit einbinden. Das geht schon. Das Kind will immer den Eltern helfen, also wird es ihnen auch helfen, mit einem entsprechenden vereinbarten und schriftlich festgehaltenen Plan für den Ablauf des Alltages. Kinder brauchen Lob und Anerkennung, dass es sie super gut gerade unterstützt und eine wirkliche Hilfe für sie ist.

 

Übertragen wir unsere Ängste auf das Kind, haben wir nach der Corona - Krise eine auffällige Mehrzahl an psychisch labilen jungen Menschen mit Existenzängsten zu betreuen. Stärken sie ihr Kind deshalb mit Zuversicht, Mut und Vertrauen in sich selbst und das Leben. Das beginnt direkt bei ihnen als Eltern. Vertrauen sie dem Leben, das alles seinen Sinn hat und wieder alles gut wird. So kann auch ihr Kind ihnen vertrauen und gestärkt mit ihnen gemeinsam in die Zukunft gehen.

 

Was möchten sie mental den Eltern mitgeben für diese anspruchsvolle Zeit?

Durchhalten, durchhalten, durchhalten. Suchen sie Kontakt zu anderen Eltern. Sprechen sie über ihre Ängste und Unsicherheiten, aber bitte, ohne sich gegenseitig in ihren Ängsten zu puschen. Sondern suchen sie nach gemeinsamen Lösungen. Führen sie mindestens einmal pro Woche ein Videotelefonat mit Freunden und Verwandten, organisieren sie ein WLAN Dinner wo sich alle beteiligten schick machen in Abendgarderobe, oder einen Spielenachmittag per Videokonferenz. Jeder nutzt eigentlich solche Tools schon lange vor der Crono-Krise. Viele haben allerdings in ihrer Schockstarre vergessen, dass es diese Möglichkeiten immer noch gibt.

 

Hilfe annehmen!

Wenn sie das Gefühl haben, sie brauchen professionelle Hilfe von außen, dann fassen sie all ihren Mut zusammen und rufen sie die Krisenhotlines an. Am anderen Ende der Telefonleitung sitzen geschulte Personen, die genau für derartige Krisen ausgebildet sind, die helfen ihnen im Rahmen ihrer Möglichkeiten weiter. Sie sind nicht allein. Überall sind Menschen die gerade jetzt mehr denn je, ihre Fachkompetenz und ihre Hilfe anbieten, um Menschen, die ihren Gefühlen und Ängsten im Moment nicht Herr werden, was mehr als verständlich ist, zu helfen. Also rufen sie an. Jeder braucht mal Hilfe. Dann ist es gut, wenn man mit jemandem sprechen kann, der einem zuhört.

 

#hilfdirselbst #mentaltraining #familienpower #fragdiepetra